Spiel mir das Lied vom Tod von andrea
Durchschnittliche Wertung: 2, basierend auf 1 BewertungenKapitel Die Keilerjagd oder Herzinfarkt eines Schweines
Das erste Wunder hatte sich an letzten Samstag Vormittag ereignet, an dem Aramis sich, entgegen oder gerade wegen der bösen Vorzeichen, die Carlos ihm weissagte, wenn er sich mit diesen "gottlosen Heiden" einlassen würde, mit dem Bürgermeister und einigen Großgrundbesitzern der Umgebung zur Hetzjagd traf.
Der Keiler wurde losgelassen und schlug sich schnell ins Gebüsch, die Jagdgesellschaft, allen voran Diener und Hunde, hinter her. Aramis war schon lange nicht mehr bei einer Jagd gewesen, genau genommen das letzte mal vor sieben Jahren, an dem Tag als er d'Artagnan das letzte Lebewohl gesagt hatte. Doch Traurigkeit ließ er deshalb nicht aufkommen, vielmehr weckten die nur so an ihm vorbeifliegenden Bäume, das Bellen der Hunde und das Pferdegetrappel in ihm neue Lebensgeister.
Ob es nun aber an der Energielosen Kost oder doch an Aramis' Alter lag, jedenfalls verließen sie ihn leider viel zu schnell wieder und nach ein paar Kilometern war ihm so schwindlig, das er langsamer reiten musste. Auch einer der Gutsbesitzer, Senior Guillén, zügelte sein Pferd.
"Ist alles in Ordnung, Herr Bischof?"
"Ja, ja, reiten sie nur weiter, ich komme gleich nach. Sie wissen doch, die letzten werden die ersten sein."
"Na gut, wenn Sie meinen."
Mit diesen Worten gab der Gutsherr seinem Pferd die Sporen und jagte davon. Der alleingebliebene Aramis stieg vom Pferd und wollte es sich gerade unter einem Baum gemütlich machen, als es im nächsten Busch raschelte.
" Ich sagte doch sie sollen weiterreiten Senior, ich komme wirklich allein zurecht." sagte er ohne sich umzudrehen. Ein lautes Schnauben war die Antwort. Hinter Aramis stand der riesenhafte Keiler, den es eigentlich zu jagen galt.
Aramis wich kurz entschlossen an einen Baum zurück schloss die Augen und ebenso mit seinem Leben ab und harrte der Dinge die da kommen würden.
"Nun gut, Herr, wenn du es so willst, tu dir keinen Zwang an! Vor einigen Jahren hätte es mir wahrscheinlich etwas ausgemacht von einem Schwein zerfleischt zu werden, aber jetzt."
In zwischen Zeit hatte der Keiler wutschnaubend und den Boden mit seinen Hauern aufwühlend, Anlauf genommen und kam auf Aramis zu. Zehn Meter, fünf Meter, zwei Meter. Der Atem des Tieres war für ihn schon deutlich zu spüren als,... als er plötzlich aussetzte.
Aramis öffnete ein Auge. Der Keiler wälzte sich laut aber immer leiser quiekend auf den Boden und blieb schließlich erstarrenden Auges regungslos liegen, keine fünfzig Zentimeter von unserem Helden entfernt, der über diesen unerwarteten Glücksfall gar nicht so recht glücklich sein konnte.
Jetzt bahnte sich auch die Jagdgesellschaft ihren Weg durch das Gebüsch, auf die Lichtung.
"Also wirklich Herr Bischof, das sie es nun so genau mit ihrem Bibelsprüchlein nehmen, hätte ich nicht gedacht", meinte Senior Guillén lachend, nach einem Moment der Stille, "Wie haben sie ihn erlegt".
"Er ist einfach umgefallen." antwortete Aramis, der nun auch seine Stimme wieder fand, aber bei dem Ansturm des Gelächters, den er mit diesen Worten ausgelöste, nicht so recht mitlachen konnte, etwas betreten.
"Vielleicht will der Herr Sie ja noch nicht gehen lassen, weil sie noch nicht ihre letzte Beichte hinter sich haben, Herr Bischof, was für ein Glück für sie. Kommen Sie, steigen Sie auf!"
"Wahrscheinlich haben sie recht", brummelte Aramis und schwang sich auf sein Pferd, dass der Gutsbesitzer ihm am Zügel brachte, "Gottes Wege sind eben unergründlich".