Und täglich grüßt das Murmeltier von xalibur
Durchschnittliche Wertung: 4.5, basierend auf 8 BewertungenKapitel die Herren Musketiere
Das hübsche Leben als Gardist in Paris war dahin, die Salons, die Bewunderung der Damen. Ich war in meiner Stube aufgewacht, hübsch gewaschen und aufgebahrt, mit dem Sterbekreuz zwischen meinen gefalteten Händen. Wieder einmal ein Leben zuende.
Ich kehrte Paris den Rücken, aber nicht für lange. Dann suchte ich mir ein hübsches, neues Leben aus. Eins, indem das Risiko, sich aus Gutmütigkeit von jungen, sterblichen Heißspornen aufspießen lassen zu müssen, äußerst gering war. Das Leben eines Schreibers, hübsch langweilig auf den ersten Blick. Und äußerst praktisch auf den zweiten, denn als Dienstherrn wählte ich mir Pere Joseph, die graue Eminenz, den Beichtvater des Kardinals - den Mann, in dessen Händen die Fäden all der Spitzel und Spione zusammenliefen, mit denen Richelieu das Land überzog. Ruhig und unauffällig saß ich dort, wo jede wichtige Information zuerst vorbeikommt, schrieb Anklageschriften, beantwortete Bittbriefe, gab mich recht blass und langweilig und erfuhr nebenbei alles, was in Paris vorging. Für einen Unsterblichen, der am Leben bleiben möchte, der ideale Ort.
Den Klatsch der Garden und Soldaten hörte ich natürlich auch. Es gab ein paar neue Sterne am Zenith der Raufbolde, und sie trugen den Rock des Königs, was den Kardinal nicht wenig fraß. Sie hießen bei allen nur die Unzertrennlichen, drei junge Musketiere, und ihre Heldentaten waren in aller Munde. Mehr als einmal hetzte der Kardinal seine Gardisten auf sie, aber Athos, Portos und Aramis blieben meist siegreich oder kamen zumindest mit halbwegs heiler Haut davon. Alle drei führten sie nur Schwertnamen. Ein wenig fühlte ich mich ihnen deswegen verbunden. Ich weiß, wie es ist, ein Leben hinter sich zu lassen - oder 10 oder 1000. Und mich ging dieser Händel ja auch nichts an, ich war ja nur ein Schreiber. Das Schwert mußte ich in diesem Leben nur gegen meinesgleichen ziehen.
Das ist unser Los in dieser Welt: der stete Kampf gegeneinander, bis nur noch einer von uns übrig ist. Wir kämpfen gegeneinander, und wer dem anderen den Kopf abschlagen kann, auf den geht die Kraft des Unterlegenen über, während dieser stirbt. Unsere Unsterblichkeit ist also nicht vollkommen. Unser Leben ist eine endlose Folge von Duellen, und nur die Stärksten, Klügsten oder Hinterhältigsten überleben. Mein Name ist Methos und ich lebe schon so lange, daß nicht einmal mehr ich weiß, wie lange ich schon auf der Welt bin.
Trotzdem gibt es noch hin und wieder Dummköpfe, die tatsächlich auf meinen Kopf aus sind. Nun, im Herzen von Richelieus Spionagenetz wußte ich meist recht bald alles wissenswerte über sie und konnte ihnen ausweichen oder sie finden, ganz wie es mir gefiel. Aber manchmal hat man Pech, und wenn einen das Pech einmal eingeholt hat, kommt es meistens knüppeldick.
Pere Joseph wollte einen unverdächtigen Boten, der wichtigen Dokumente entgegennehmen sollte, und er bestand darauf, daß ich diese Aufgabe übernehme. Es gefiel mir nicht, von Anfang an! Aber Pere Joseph ist kein Mann, der Bedenken hören will, ich mußte wohl oder übel gehen. Und so ging ich, aber ich war vorsichtig - und ich sollte recht behalten. Verkauft hatte mich der feine Herr! Ich hatte mich schon gefragt, wo er einen Wahnsinnigen gefunden hatte, der ihm diese Papiere holt, und geschmunzelt hatte ich, was es ihn wohl kosten würde. Jetzt wußte ichs: Meinen Kopf! Der Herr Dieb war einer von uns, und zwar einer, der schon länger auf der Suche nach mir war. Dem Hörensagen nach war er nicht schlecht im Umgang mit seiner Waffe.
Seufzend zog ich mein Schwert, und dann füllte das Klirren von Stahl für lange Zeit den kleinen Hof aus, aber am Ende rollte sein Kopf. Und mich traf die Entladung der Lebensenergie, schüttelte und marterte meinen Körper und zwang mich in die Knie. Dieser Übergang ist keine angenehme Angelegenheit und der Moment im Leben eines Unsterblichen, wo er am hilflosesten ist. Und ich war noch nicht recht wieder bei mir, als mich eine Stimme ansprach. Mühsam schlug ich die Augen auf - und sah einen königlichen Musketier vor mir! Und er war nicht allein. Sie hatten mich eingekreist, die königlichen Helden, genau dann, wenn man sie am wenigsten brauchen kann! Die Szene mußte bizarr für sie sein, aber zumindest der Sprecher hatte sich gut in der Gewalt. Ruhig und kalt forderte er eine Rechtfertigung von mir und mein Schwert. Das war jetzt dumm! Lebend durften sie mich nicht haben, denn dann kam ich am Ende aufs Schafott, und das ist eine Strafe, die wir Unsterblichen gar nicht mögen.
Also Kampf! Ich kam auf die Füße. Der Herr vor mir war wohl Athos und der Hüne neben ihm - ich drehte mich langsam - mußte Porthos sein. Blieb noch Aramis - ich drehte mich weiter und hätte vor Erstaunen bald laut gelacht. Mein junger Freund, der Priesterschüler! Und er erkannte mich wohl ebenfalls, den er zitterte plötzlich und sah mir mit schreckgeweiteten Augen ins Gesicht. Es stimmt also doch, gute Taten zahlen sich aus. An Aramis vorbei würde ich ausbrechen können. Ich verpaßte ihm einen Schlag mit der Breitseite des Schwertes und rannte, was das Zeug hielt.
Tja, die Briefe würde jetzt wohl Treville bekommen, und das gönnte ich Pere Joseph. Allerdings wollte ich nicht warten, bis er seinen Unmut darüber an mir auslassen würde. Wieder einmal gab ich ein Leben auf und verschwand.