Wem die Stunde schlägt von LadyAramis

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Kapitel Und ich lächelte und war froh

Kapitel 3

Und ich lächelte und war froh…

„Was soll das heissen, die Gerichtsverhandlung ist morgen?“, Porthos sah aus, als wolle er Tréville auf der Stelle den Hals umdrehen und d’Artagnan legte vorsichtshalber eine Hand auf seinen Arm. Er wusste, Porthos vergötterte ihren Captain, aber er liebte Aramis und momentan würde er jeden aus dem Weg räumen, der sich zwischen ihn und Aramis‘ Befreiung stellte.

Tréville sah aus, als sei er um Jahre gealtert und liess sich erschöpft in seinen Stuhl sinken. „Der König lässt nicht mit sich reden. Er will die Sache schnell aus der Welt schaffen.“

Athos liess ein unwilliges Knurren hören. „Falsch. Richelieu will die Sache schnell aus der Welt schaffen!“

Natürlich. Richelieu. Schon allein der Klang des Namens brachte d’Artagnan dazu die Hände zu Fäusten zu ballen. Wenn der Kardinal im Hintergrund die Fäden zog, dann hatte Aramis keine Chance auf eine gerechte Gerichtsverhandlung. Wie schon so oft dachte d’Artagnan, dass sein Leben bedeutend einfacher wäre, wenn er Richelieu einfach einen Kopf kürzer machen würde. Vielleicht war sogar die Hölle ein annehmbarer Preis dafür.

„Wir haben nichts um Aramis zu entlasten!“, stiess Porthos verzweifelt hervor und wirkte für einen Moment so verloren, dass d’Artagnan einen Arm um seine Schultern schlang und ihn kurz an sich drückte. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Athos in seine Tasche griff und wusste, dass er nach dem verräterischen Kruzifix tastete. Er biss sich auf die Lippen. Noch immer fand er es nicht richtig, dass sie ihren Fund Tréville verschwiegen, andererseits wollte er Aramis unbedingt helfen und wenn er es nur mit Lügen konnte, musste das eben sein.

„Wenn wir Glück haben, wird morgen noch kein Urteil gefällt. Wir haben immer noch genug Zeit um den wahren Mörder zu finden.“ Er versuchte Optimismus zu verströmen, aber selbst in seinen eigenen Ohren hörten sich die Worte hohl und leer an. Der Mörder müsste schon von selbst in Trévilles Arbeitszimmer reinspaziert kommen, wenn sie ihn noch rechtzeitig finden wollten.

Tréville gab sich einen sichtbaren Ruck. „D’Artagnan hat Recht. Ich möchte, dass ihr Francis‘ Leben auseinandernehmt. Ich will alles wissen. Seine Liebschaften, seine Geldangelegenheiten, wann er pissen ging und wann seine Grossmutter gestorben ist.“

„Sehr pietätvoll“, rutschte es d’Artagnan heraus, was ihm einen mörderischen Blick von Tréville einbrachte. „Sehr pietätvoll ist eine Hinrichtung auch nicht! Glaube nicht, es macht mir Spass, im Leben meines verstorbenen Musketiers zu wühlen, aber wenn ich dadurch Aramis retten kann, werde ich notfalls mit Francis‘ Hebamme reden!“

„Porthos spricht mit Francis‘ Witwe“, erklärte Athos.

Porthos drehte sich empört zu ihm um. „Wieso soll ich mit Francis‘ Witwe sprechen? Weil ich so sensibel bin oder was?“

Athos zuckte lässig mit den Schultern. „Da unser Mann für das Sensible gerade hinter Gittern sitzt, bleibst nur du übrig.“

Porthos sah aus, als wolle er gleich aus dem Fenster springen. „Ich bin kein Witwentröster“, protestierte er gequält.  

„Eigentlich ist sie ja gar keine Witwe. Sie ist ja nur Francis‘ Verlobte“, überlegte d’Artagnan laut. Als Porthos sich ihm zuwandte und dabei aussah, als wolle er ihm zum zweiten Mal an diesen Tag erwürgen, hob er beschwichtigend die Hände und fügte hinzu: „Wir müssen in den Leichenkeller. Das ist auch nicht gerade das Wahre.“ Noch schlimmer, er musste mit Athos in den Leichenkeller. Porthos oder Aramis machten immer Scherze, wenn ihr Weg sie dorthin führte, wo die Toten von Paris endeten, aber Athos fiel dann immer in diese melancholische Stimmung, die meist zu einem Trinkgelage oder einer Schlägerei führte.

„Leichen weinen wenigstens nicht.“ Porthos war immer noch nicht versöhnt mit der Aufgabenverteilung, weshalb d’Artagnan zu schwereren Waffen griff. „Du willst doch Aramis helfen oder? Stell dir vor, er wird gehängt, nur weil du dich nicht mit einer weinenden Frau auseinander setzen wolltest…“

„Ist ja gut, d’Artagnan“, fauchte Porthos, „ich hab’s verstanden.“

D’Artagnan grinste. Vielleicht sollte er den Kardinalshut nehmen. Manipulieren konnte er schon. Und Intrigieren konnte ja nicht so schwer sein.  

 

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Ellen, Francis‘ Verlobte, war eine hübsche Person doch das tiefe Schwarz passte nicht recht zu den weichen, blonden Locken und den Sommersprossen auf ihrer Nase. Ihre Augen waren gerötet und dennoch wirkte sie eher wütend als traurig, als sie Porthos erkannte und ihr Mund verzog sich zu seinem missmutigen Strich.

„Was wollt ihr?“, zischte sie.

Porthos blinzelte überrascht. Er kannte Ellen und mochte sie eigentlich, auch wenn sie ihm immer eine Spur zu naiv und albern gewesen war. Als er sie das letzte Mal, bei der Weihnachtsfeier der Musketiere gesehen hatte, hatte sie sturzbetrunken eine äusserst verunstaltete Version von „Stille Nacht“ von sich gegeben. Mit diesem feindseligen Verhalten hatte er nicht gerechnet. Aber obwohl sie aussah, als wolle sie ihn und seine Freunde auf der Stelle erwürgen, nahm er den Hut ab und sagte: „Es tut mir sehr leid, Ellen.“

Ihre blauen Puppenaugen verengten sich. „Das Ihr es wagt, hierherzukommen!“, spuckte sie ihnen entgegen und machte Anstalten, die Türe zuzuwerfen. Doch Porthos reagierte wie üblich blitzschnell und schob den Fuss dazwischen. Er hatte damit gerechnet, dass sie aufgebracht sein würde, aber diesen Hass,  Eden sie ihm entgegenbrachte, kam wie aus dem Nichts und so knurrte er unwillig: „Was soll das?“

„Aramis hat ihn getötet. Euer ach so guter, frommer Freund hat meinen Verlobten ermordet!“

Porthos spürte, wie er selbst wütend wurde und er musste tief durchatmen, um seine Stimme ruhig zu halten und sie nicht anzuschreien. Einer trauernden Frau den Schädel einzuschlagen, würde dem momentan ohnehin schon angeschlagenen Ruf der Musketiere nicht gerade helfen. „Das wissen wir doch noch gar nicht. Ihr kennt Aramis! Ihr wisst, dass er das nicht tun würde. Er und Francis waren Freunde!“

Ellens Augen schleuderten förmlich Blitze. „Ich weiss, dass Ihr Aramis für einen Heiligen haltet, aber Ihr verschliesst die Augen vor der Wahrheit: Er hat Francis getötet!“

Porthos ohnehin nur mühsam aufrecht erhaltene Contenance schwand. „Er wird nicht wieder lebendig, nur weil Ihr den erstbesten Verdächtigen die Schuld zuweist. Was für ein Grund sollte Aramis denn haben Francis zu erstechen?“, brüllte Porthos zurück und es ist ihm völlig egal, dass sich die Leute auf der Strasse verwundert nach ihnen umsahen.

Jetzt trat ein merkwürdiger Ausdruck, den Porthos nicht zu lesen vermochte, in Ellens Gesicht. „Er hatte einen Grund. Glaubt mir“, sagte sie gefährlich leise und mit diesen rätselhaften Worten schlug sie die Tür vor der Nase des verdutzten Porthos zu. Er starrte fassungslos die Tür an, während sein Verstand noch versuchte, Ellens Worte zu verdauen.

Er hatte einen Grund…Ellen war eine hübsche Frau…Aramis sehr charmant…

Porthos schloss die Augen. Ob es wohl eine Frau in ganz Paris gab mit der sein Freund nicht geschlafen hatte? Oder anders gefragt: Konnte Aramis nicht einmal mit einer Frau schlafen, ohne das es Ärger gab?

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„Sauberer Stich ins Herz. Hat nicht lange gelitten.“

Athos verdrehte die Augen. Genau darum hasste er es, den Leichenkeller aufzusuchen. Monsieur Duval, den er bei sich nur den Leichenfledderer nannte, war ein unangenehm riechender und erbarmungsloser Mensch, für den die Körper, die bei ihm landeten nichts mehr waren, als eine Ansammlung von Knochen. Er hatte einen morbiden Charakter und Athos wusste, es machte ihm Spass die Leichen zu begutachten und sie wenn nötig aufzuschneiden.

Aber wenn er die Wahl hatte zwischen einer hysterischen Frau und dem Leichenfledderer, war ihm das Letztere immer noch lieber.

„Und es war auf jeden Fall Mord? Es ist nicht möglich, dass es irgendwie ein Unfall war?“, fragte d’Artagnan, der seine ihm eigene Unbeschwertheit nicht einmal inmitten eines Kellers voller Leichen verlor und sogar mit einem gewissen Interesse die Leichen musterte.

Duval verdrehte die Augen. „Natürlich ist es möglich, dass der Musketier gestolpert, gestürzt und dann in einen Dolch gefallen ist…aber das wäre dann doch fast so etwas wie ein göttliches Wunder.“

„Hat er sich gewehrt?“, fragte Athos.

Duval sah ihn an, als sei er derjenige, der gerne Leichen aufschnitt. „Woher soll ich das wissen? Ich vermute mal, nein, er hat sich nicht gewehrt. Er stand wohl sehr offen zu seinem Mörder, hat ihn wohlmöglich vertraut…sonst hätte er nicht so zielsicher zustechen können.“

D’Artagnan warf Athos einen beunruhigten Blick zu. Das alles half Aramis kein bisschen, eher im Gegenteil, es war sogar belastend.

Einer plötzlichen Eingebung folgend erkundigte sich Athos: „Was ist mit seinen Sachen? Wurden sie ihm abgenommen?“

Duval zog ein Gesicht und Athos wusste, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Der Leichenfledderer hatte vorgehabt, die Gegenstände zu stehlen. So wie er es immer tat, wenn man nicht aufpasste. Missmutig griff er in seine Tasche und warf d’Artagnan einen kleinen Beutel zu, der ihn geschickt auffing. „Hab ich wohl vergessen.“

Athos warf ihm einen scharfen Blick zu. D’Artagnan schüttelte den Inhalt des Beutels auf seine flache Hand. Ein Rosenkranz war dabei, ein Ring und ein Medaillon, mädchenhaft und zierlich gearbeitet, wahrscheinlich von Ellen. Ungebeten spürte Athos einen Kloss im Hals. Er war Francis nicht so nahegestanden und dennoch waren diese persönlichen Dinge so erfüllt von seinem Geist, dass es ihn schmerzte. Er steckte den Beutel ein. Ellen würde die Sachen haben wollen.

D’Artagnan spürte seinen Stimmungsumschwung. „Können  wir ihn sehen?“, stellte er die Frage, die er nicht zu stellen gewagt hatte. Duval schnaubte, was Athos so ärgerte, dass seine Hand wie von selbst zum Degen griff, doch d’Artagnan umschloss sie sanft mit seinen Fingern und fügte an Duval gewandt ein leises Bitte hinzu.

Francis‘ Körper wirkte irgendwie falsch auf diesem kalten Tisch. Athos ertrug seine Nacktheit nicht und löste den Verschluss seines Umhangs um ihn über Francis‘ Körper zu breiten. „Ruhe in Frieden“, murmelte er, während d’Artagnan sanft über Francis‘ Stirn strich. Und als Athos diese schlichte, liebevolle Geste sah, die immer so selbstverständlich von diesem jungen Musketier kamen, wurde er plötzlich von einer grauenhaften Angst gepackt. Was wenn er d’Artagnan einmal hier finden würde? Zerschlagen, geschunden, tot. Was wenn sein Freund, dieser wunderbare Freund, vor ihm liegen würde, leblos und auf immer fort? Oder wenn es Porthos wäre, der grossartige, mutige Porthos, das Lachen für immer erloschen, der Blick aus den dunklen, warmen Augen gebrochen? Oder Aramis…

Die Antwort war einfach: Er würde es nicht ertragen.

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Aramis war kalt. Obwohl ein warmer Frühling in Paris Einzug hielt, war der Kerker nicht nur eiskalt, sondern auch feucht und von den Wachen schien niemand erpicht darauf zu sein, ihm die Gefangenschaft angenehmer zu machen. Er zitterte wie Espenlaub und wünschte sich verzweifelt eine Decke oder zumindest einen Mantel. Sein Kopf pochte noch immer und er hatte solchen Hunger, dass sein Magen schmerzte. Wenn nicht die Ketten gewesen wären, die ihn mit eisernem Griff hielten, er hätte sich in die Ecke gelegt und sich zusammengerollt wie ein kleines Kind.

Stattdessen streckte er die Beine aus, lehnte die Stirn gegen die Wand und versuchte in den Schlaf zu flüchten. Er war so müde, dass es ihm endlich gelang einzuschlafen, doch diese Gnade währte nicht lange. Schwere Schritte, das Rascheln von Kleidern und das Klirren eines Schlüssels weckten ihn. Als er mühsam die Augen öffnete, wünschte er sich beinahe schon tot zu sein, denn er blickte direkt in das triumphierende Gesicht von Kardinal Richelieu.

Aramis legte den Kopf in den Nacken. „Ich würde ja Euren Ring küssen, aber ich bin gerade ein bisschen eingeschränkt in meiner Bewegungsfreiheit.“

„Eure Frechheit wird Euch bald noch vergehen. Euch wird morgen der Prozess gemacht.“ Richelieus Stimme war samtig und weich, doch es nahm seinen Worten nicht die Schärfe. Aber Aramis war zu stolz, um sich eine Blösse zu geben und antwortete nur: „Ich habe es schon immer gehasst, Sachen auf die lange Bank zu schieben.“

„Ich bin nicht sicher, ob Ihr Euch über Eure Situation im Klaren seid.“

„Ich bin dankbar, dass Ihr mich darüber aufklärt. Was wäre ich nur ohne Eure Drohungen?“

Aramis wusste, der Kardinal war ein gefährlicher Gegner. Aber da er schon ganz unten angekommen war, konnte er auch gleich damit weiterfahren sich in die Bredouille zu reiten. Und er war so müde, er hatte keinen Nerv für Richelieus Spielchen und sein Geist fühlte sich sogar zu benommen am, um sich gross Sorgen zu machen. Er wollte einfach schlafen.

Zu seiner Überraschung beugte Richelieu sich vor. Aramis erschrak über die plötzliche Nähe und er wäre zurückgewichen, wenn er gekonnt hätte. Denn dieses Gesicht war nichts, dass er von Nahen sehen wollte. Aber es wurde noch schlimmer. Richelieus lange, feingliedrige Hand legte sich auf seine Stirn und er konnte einen Laut des Ekels gerade noch unterdrücken. Es fühlte sich an, als berühre ihn der Teufel persönlich.

Richelieu schnalzte mit der Zunge. „Es scheint, als brütet Ihr was aus.“ Sein langer Zeigefinger glitt über Aramis‘ Wange. Er liess es starr über sich ergehen. Richelieu wollte ihn reizen, er wollte es geniessen, dass es ihm so ausgeliefert war und sich nicht wehren konnte gegen diese ungewollten Berührungen.  „Es ehrt mich, dass Ihr Euch so um meine Gesundheit sorgt. Es würde mich zutiefst bekümmern, wenn ich meine Verabredung mit dem Henker verpassen würde.“

Von der lauernden Zartheit war plötzlich nichts mehr zu spüren. Der Kardinal packte ihn grob am Kinn und zwang ihn direkt in seine Augen zu blicken. „Du wirst sterben, Musketier“, zischte er, jegliche Form von Höflichkeit fiel von ihm ab, „du wirst sterben und deine Freunde werden dir dabei zusehen.“

Aramis erwiderte Richelieus Blick ruhig. „Das ist gut. Sie mögen eine gute Hinrichtung. Wäre schön, wenn Ihr für sie Plätze reservieren könnt. Damit ihnen auch ja nichts entgeht.“

„Ihr und Eure Sprüche! Die werden Euch nichts mehr nützen, wenn Ihr mit zitternden Knien vor dem Henker steht.“

Aramis stiess einen schweren Seufzer aus. Die Erschöpfung liess ihn schon schwammig vor Augen werden und ihm war immer noch so verflucht kalt. „Warum seid Ihr hier, Richelieu? Um Euren Triumph auszukosten? Geniesst es nur, so lange Ihr noch könnt. Die Macht der Königin wird von Tag zu Tag grösser. Und wenn sie Louis einen Erben schenkt, was glaubt Ihr wo da Eurer Platz ist? Weiterhin an der Seite des Königs? Nein, Ihr seid dann da, wo Hunde hingehören: Unter dem Tisch, wo ihr darauf wartet, dass Ihr die Knochen abnagen könnt, die man Euch gnädig zuwirft!“

Er war zu weit gegangen. Er wusste es in dem Moment, als Richelieus Gesicht ganz starr wurde. Dabei wirkte der Kardinal nicht einmal so wütend. Ganz ruhig, beinahe sanft legte er die Hand auf Aramis‘ Hinterkopf. Und mit genau derselben Bedachtsamkeit krallte er seine Finger in Aramis‘ Haar und schlug seinen Kopf seitlich gegen die Steinmauer. Sterne explodierten vor seinen Augen, während sein Schädel zu bersten schien und in seinen Ohren rauschte das Blut. Er spürte noch, wie sein Körper aufschlug, während der Kardinal ungerührt zusah, wie sein Blut das Stroh verklebte.

Und dann spürte und sah er nichts mehr.

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Tréville musste nicht fragen, um zu wissen, dass seine Musketiere nichts gefunden hatten, dass Aramis helfen könnte. Der Blick in ihre trübsinnigen Gesichter reichte schon aus. Er wollte mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, beherrschte sich aber. Er wollte neben all dem Unglück sich nicht auch noch um neues Mobiliar kümmern müssen. Stattdessen stützte er sich schwer auf seinen Schreibtisch und sagte: „Ihr seht aus, als wärt ihr alle von eurer Geliebten verlassen worden.“

Porthos zerknautschte seinen Hut so heftig, als sei er Schuld an der ganzen Misere. „Ellen ist der Überzeugung, Aramis habe Francis getötet.“

Tréville hob die Augenbrauen. „Und wie kommt sie auf diese Idee?“

Auf einmal wirkte Porthos verlegen. „Nun ja, sie hat angedeutet…also sie meint…“

Der Groschen fiel sofort. Tréville stöhnte. „Porthos, ich weiss durchaus wie das mit Frau und Mann funktioniert. Und ja stell dir vor, ich weiss auch, dass Aramis keine Jungfrau mehr ist. Also hat er mit ihr angebandelt.“

„Das bezweifle ich. Aramis und Ellen, die hatten sich eigentlich nie viel zu sagen. Und selbst wenn, wäre es für ihn eher ein Ausrutscher gewesen. Und deswegen würde er wohl kaum Francis erstechen.“ Athos stellte  wie üblich ganz ruhig die Tatsachen fest. Doch Tréville wusste sofort, was der Haken an dieser Argumentation war. „Aber man könnte auch sagen, dass Francis eifersüchtig auf Aramis war und vielleicht auf ihn losgegangen ist. Und Aramis hat sich gewehrt.“

„Und die Kopfwunde hat er sich gleich selbst beigebracht“, fügte Porthos sarkastisch hinzu. 

 „Duval sagt, es sei ein präzis ausgeführter Stich gewesen. Direkt ins Herz“, erzählte d’Artagnan bedrückt und mit gesenkten Kopf, „Aramis wüsste wie zustechen. Auch das wird den Richter interessieren.“

Tréville fühlte sich auf einmal merkwürdig leer. „Soll das heissen wir haben nicht nur nichts: Wir haben auch noch einen Haufen Beweise für Aramis‘ Schuld?“, fragte er mit leiser, gepresster Stimme.  

Betretenes Nicken, in Porthos‘ Fall sogar einen heftigen Tritt gegen das Stuhlbein. Tréville massierte sich die Schläfen und wünschte sich, er könne damit seine Sorgen aus seinem Kopf verdammen. Aramis im Gefängnis, Porthos dauergereizt, Athos kurz davor wieder zur Flasche zu greifen. Bald würden er und d’Artagnan das Regiment wohl alleine führen müssen. Er hätte wirklich ein Krämer werden sollen, statt Soldat.

Mit einem Mal straffte Athos die Schultern. „Wir vergessen einen Spieler auf diesem Feld.“

D’Artagnan warf ihm einen schiefen Blick zu. „Wenn du jetzt Gott sagst…“

Doch Tréville ahnte worauf er hinauswollte. Der König war in Richelieus Hand, aber die Königin hatte ein Herz für Musketiere. Und Aramis hatte ihr mehr als einmal das Leben gerettet. „Anna. Sie wird tun, was in ihrer Macht steht.“

Und er bettete, dass ihre Macht gross genug war.